rheinisches journalistinnenbüro

 

Journalismus im Kollektiv (1982 bis 2012)

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Statements zum 20jährigen Bestehen (2003)

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Statements zum 20-jÄhrigen Bestehen des
Rheinischen JournalistInnenbÜros (2003)

 

Von Außenstehenden

Von Ehemaligen des RJB

 

 

Von Außenstehenden

Vom Rheinischen JournalistInnenbüro hörte ich zum ersten Mal an der Evangelischen Akademie Bad Boll auf einer Fortbildungsveranstaltung. Birgit Morgenrath war es, glaub ich, die das Büro damals der staunenden Versammlung vorstellte. Mir als Berufsanfänger schien das auf Anhieb ein genialer Gedanke. Man teilt sich die Miete für Büroräume und teure Geräte, kann sich Rat und Hilfe holen, wenn’s mal klemmt, und hat Kollegen in Fleisch und Blut um sich, statt daheim an die Wand des Arbeitszimmers zu starren oder per Telefon mit einem Redakteur verbunden zu sein, der vielleicht vier Bahnstunden entfernt sitzt. Immer wieder mal in meinen 15 Jahren Berufsleben hatte ich die Vision, selbst so ein Büro zu gründen. Es kam anders – ich bin fester Freier und habe so genug »Umgang« mit Kollegen und Gleichgesinnten. Aber noch ist nicht aller Tage Abend ... Ich wünsche dem RJB jedenfalls allzeit eine gute Konjunktur und reichlich Gemeinschaftssinn.
Udo Zindel (SWR 2 Wissen)

gäbe es das rjb nicht schon seit 20 jahren, es müsste hier heute und jetzt sofort erfunden werden. das sagt der gewesene freie, der im rjb ein vorbild fand, der redakteur, der mit euch ein besseres programm verantworten durfte, und das sagt der gewerkschafter, der das ziel eines anderen lebens und arbeitens und einer solidarischen gesellschaft mit der alltäglichen praxis verknüpft wissen will.
danke. lotta continua.
rainer marquardt (WDR-Redakteur und Personalratsmitglied)

Wenn in unserer Freiburger Redaktion die Rede von Köln ist, dann fallen als erstes immer zwei Vokabeln: »Karneval« und »Rheinisches JournalistInnenbüro«. Der neueste Klatsch, wer von uns wen vom RJB wann auf welcher Party oder in welcher WG getroffen hat, ist hier heiß begehrt. Denn die rheinischen JournalistInnen sind seit vielen Jahren nicht nur geschätzte AutorInnen unserer nord-süd-politischen Zeitschrift, nicht nur politische WegbegleiterInnen, die sich niemals haben verbiegen lassen, sondern auch ausgesprochen nette ZeitgenossInnen, von deren rheinischer Gelassenheit und Fröhlichkeit wir uns gerne anstecken lassen. Keep on!
die Redaktion der iz3w – blätter des informationszentrums 3.welt

Bei meinem Besuch habe ich insgeheim erwartet, in eine Werkstatt zu gelangen, wo gemeinsam schwitzend Bleilettern in Form gegossen werden. »Gemeinsam sind wir stärker, schöner und klüger!« – nach diesem heimlichen Motto handeln die RJBler tatsächlich. Doch ihr Team arbeitet im modernen Großraumbüro in lichtem Industriedesign samt digitaler Vernetzung. Selbst wenn Teile der Belegschaft wechseln, löst das zwar Wehmut aus, verändert aber niemals das Kerngeschehen im Büro: journalistische Feinarbeit zu betreiben und sich zu engagieren für Menschen, Themen und Länder, die in westlichen Mainstream-Medien und kapitalistischen Zentren unterdrückt werden.
Mögen sie lange noch bleierne Lettern schmieden oder binäre Codes durch den Äther jagen!
Marie Elisabeth Müller (SWR 2 Literatur)

Betriebswirtschaftliche Auswertung über 20 Jahre für das Rheinische Journalistenbüro:
Umsatz über 20 Jahre 20.000.000,00 DM
Aufwand über 20 Jahre 2.000.000,00 DM
erzielter Gewinn 18.000.000,00 DM
Leider können wir wegen des Steuergeheimnisses die tatsächlichen Zahlen nicht nennen.
Diese Zahlen hätten wir euch aber gegönnt.
Diese Zahlen entsprächen auch eurer tatsächlichen Leistung. Mindestens !!!
Eure Weggefährten von der Steuerfront.
Willi Hanspach (seit 20 Jahren Steuerberater des RJB)

RJB von A bis Z
Immer wieder aufsässig, belebend, fast schon berühmt, bewundernswert, ganz und gar nicht christlich, eher dialektisch, ständig engagiert, aber manchmal auch frustriert, feine Kolleginnen und Kollegen, niemals gleichgültig, meine Hochachtung für 20 Jahre Gradlinigkeit, Herzensverwandte, intensiv und intelligent, auf jeden Fall ein guter Büro-Jahrgang, glücklicherweise kein Interesse an billigen Kassenschlagern oder Karriere, dafür immer konsequent, eben mein Lieblingsbüro, kein Tag ohne gemeinsame Mittagspause, Mut zur Qualität, ab und zu leider nachtragend, Fundamentalopposition, gut organisiert, politisch korrekt, preiswürdig, Gütezeichen Qualität, Querköpfe, radikales Radio, Respekt einflößend, solidarisch, Sauerstoff für den Kopf, notwendige Träume von einer gerechten Welt, niemals Unterordnung, aber manchmal zu wenig Unordnung, vitale Visionäre, widerspenstig, widerstandsfähig, kleine Widerstandsbewegung in der Kölner Südstadt, Wiederholungstäter trotz aller Widrigkeiten, weiter so!, zum x-ten Mal den Finger in die Wunde, Yuppies nein Danke!, zäh und zärtlich, gute Zechkumpane, ohne euch wäre es zappenduster.
Gabi Gillen (WDR-Redakteurin)

Rheinisches Journalistenbüro? Ach ja, das waren doch diese anstrengenden Menschen, die einem aus dem Stand die kompetente Einschätzung der innenpolitischen Situation in Ländern liefern konnten, von deren Existenz man bis dahin gar nichts gewusst hatte. Ich sage nur Vanuatu. Die einen lehrten, vor die Dritte Welt ein politisch korrektes »so genannt« zu setzen, die mich mit einer Veranstaltung über die Westsahara in die Nähe des Rausschmisses beim WDR brachten.
Liebe RJBler, ich habe viel von eurer Kompetenz profitiert, und von dem produktiven Streit, den wir bei der Entwicklung vieler gemeinsamer Sendungen gehabt haben, bin ich oft schlauer geworden – und am Ende, so hoffe ich, unsere Hörerinnen und Hörer auch.
Wolfgang Schmitz (Programmchef WDR 5)

Manchmal klagen KollegInnen darüber, dass es so wenig gute Berichte über die so genannte Dritte Welt gäbe, das sei früher anders gewesen. Ich kann sie dann oft beruhigen und an das Rheinische Journalistenbüro verweisen. Denn manches, was ich von dort über australische Ureinwohner, Zuckerinseln und südafrikanische Wahrheitssuche erfahren habe, ist mit Gespür für kommende Themen ausgesucht und dann profund vor Ort recherchiert worden.
Jürgen Gressel-Hichert (Redakteur SFB-Kirchenfunk)

Mitte der 80er Jahre tauchten Karl und Werner zum ersten Mal auf einem der jährlichen Bundeskongresse entwicklungspolitischer Aktionsgruppen auf – war's in Freiburg oder in Bremen? Und von da ab waren sie – und andere aus dem RJB (Hans, Birgit, Gerhard, Albrecht) – in schöner Regelmäßigkeit dabei. Schon bald erblickte ein dicker Schmöker, Hoch die Internationale Solidarität, das Licht der Welt. Wohl das erste Geschichtsbuch der Solidaritätsbewegung der BRD – ich blättere immer wieder gerne in diesem Buch herum.
Ihr habt euch immer unterstützend und gestaltend in das politische Geschäft eingemischt. Dies ist heute noch dringender als vor 20 Jahren. Deshalb sollen die Schlusssätze von Klaus Vack (von euch veröffentlicht in dem oben erwähnten Geschichtsschmöker) auch für euch gelten:
Es lohnt sich weiterzumachen, so lange uns eine Chance dazu gegeben ist. Die Rüstungsstürme und Kriegsgefahren, die falsche Dritte-Welt-Politik, die der Norden macht, der die Verelendung vorantreibt, das alles ist zwar sehr beängstigend. Doch man käme sich wie ein Lump vor, wenn man nicht all seine Kraft dafür einsetzen würde, um dagegenzusteuern.
Fangt nie an, aufzuhören. Hört nie auf, anzufangen.
Wir sehen uns beim nächsten Bundeskongress Internationalismus in Bremen.
Andreas Schüßler für die BUKO (Bundeskoordination Internationalismus)

»Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft« führt zurück zu den Anti-Atom-Filmtagen 1988. Dies war die erste Filmreihe von FilmInitiativ, organisiert gemeinsam mit RJBlerInnen. Seit 1992 veranstalten wir alle zwei Jahre das afrikanische Filmfestival Jenseits von Europa. Dafür haben wir bei der Suche nach Filmen in Dakar und Ouagadougou, Abidjan und Paris die sprachlichen Begabungen einzelner RJBlerInnen ausgebeutet, ihre Büroräume, Telefone und Videorekorder genutzt und ihre Ideen und Reiseerfahrungen in afrikanischen Ländern für unsere Programmhefte verwertet. Ihr stellt uns, wir euch manches in Rechnung, bezahlt wird meistens im Gasthaus. Das wird wohl auch so bleiben. »Weiter so!«
Christa, Claudia, Irene, Jutta, Ado (FilmInitiativ Köln)

Jahrelang mittwochs um 19.30 Uhr: Treffen der AAB Köln auf der Empore des RJB. Diskutieren, organisieren, informieren, sich wohl fühlen. Zu Gast bei den engagierten JournalistInnen. Wir lernten sie kennen: Karl, gelegentlich brummend und energisch auf die Tastatur einhämmernd. Hans, ganz am Anfang, als wir uns dort trafen. Albrecht, der sich für die Flüchtlinge einsetzte. Gigi, in deren Büro wir saßen, wenn die Empore zu kalt war. Beate, fit und freundlich am Telefon. Birgit, der Mittelpunkt unserer Gruppe.
Immer mal trifft man sich auch irgendwo wieder. Wir sind gern gekommen.
Dorothee Mennicken für die Anti-Apartheid-Bewegung/Afrika-Aktions-Bündnis, Gruppe Köln

Sei es ein Bericht über die Frage »Wie wird man ein Verfassungsfeind?« oder eine geschichtenreiche Erzählung über das Filmemachen in Afrika oder die muslimischen Mädchen in Deutschland, die hautnahen und journalistisch gut gemachten Hörfunk-Stücke des JournalistInnenbüros bereichern das Radio in Deutschland: Es sind Reisen in eine »andere Welt« – und die Hörer haben die Chance dabei zu sein. Auch ich hoffe auf noch viele solcher Reisen mitgenommen zu werden, denn sie ermöglichen Bildung im besten Sinne – mit dem Hörsinn.
Heike Ließmann (Redakteurin Politische Bildung, Hessischer Rundfunk)

Wenn auf dem Redaktionsschreibtisch eine sorgfältig recherchierte und dokumentierte Geschichte über den afrikanischen Film liegt, wenn das Original-Ton-Band einen bunten Strauß von Statements afrikanischer Filmemacher, Filmbesucher, Regisseure, sonstiger Mitwirkender sowie Szenen aus den Filmen enthält, wenn dann der Text des Autors unverkennbar rheinisch tönt: Dann kann der Urheber dieser Kontinente umspannenden Internationalität nur das Rheinische Journalistenbüro sein.
Ulrich Teiner (Programmgruppe Wort WDR 3, Feature und Literatur)

Der Ton macht die Musik, und das gilt auch für euch – bei allen Dissonanzen, die ihr mit eurem Anspruch als Kollektiv tagtäglich erfahrt. 20 Jahre und kein bisschen heiser! Eure (Radio-)Stimmen sind heute wichtiger denn je in dieser Zeit der globalisierten Einheitsberieselung und der Nivellierung politischer Zwischentöne.
Auch wenn's pathetisch klingen mag: Eure Sendungen geben denen, die im Schatten stehen, ein wenig Licht, und denen, die in anderen Teilen der Erde leben, leiht ihr eure Stimme.
Nicht missen möchte ich die jährlich wiederkehrenden, zufälligen oder geplanten Treffen beim Kölner Karneval, ob als Scheich oder als Sambamusiker, als Tangotänzerin oder als nichtsnutziger und spukender Geist. Auf weitere zwanzig Jahre viel Glück und nicht weniger Spaß!
Herby Sachs (Fotografenagentur version, Köln)

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Von Ehemaligen des RJB

WorÜber ich mich in all den Jahren am meisten gewundert habe…
Gigi Deppe (von 1994 bis 2000 im RJB)

…ist die im Büro vorhandene Selbstdisziplin. Ja, Selbstdisziplin. Ich weiß, das ist ein unfreundliches Wort, klingt so preußisch, gar nicht rheinisch-gemütlich. Und doch ist diese Eigenschaft ein stiller Begleiter und vielleicht sogar das Erfolgsrezept für 20 Jahre Rheinisches JournalistInnenbüro.
Dazu gehört: Für die anderen ans Telefon zu gehen, selbst wenn man gerade dabei ist, einen großartigen Gedanken zu formulieren. Für den gemeinsamen Putztag die eigenen wichtigen Projekte aufzuschieben. Einer oder einem anderen geduldig zuzuhören, auch wenn die Ausführungen verworren scheinen oder sich wiederholen. Sich von einer gestressten Kollegin nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Das ungeliebte Gespräch mit dem Vermieter zu führen, auch wenn die Verführung groß ist, den Termin zu verschieben oder zu »vergessen«. Unterbrechungen der eigenen Arbeit hinzunehmen, weil wieder mal ein Kollege oder eine Kollegin ein Computerproblem hat. Die Kränkung zu verdauen, wenn ein redigiertes Manuskript voller Streichungen und Anmerkungen zurückkommt. Zu ertragen, wenn andere sich nach außen hin journalistisch profilieren, während man selbst »nur« still im Hintergrund wirkt, damit das Büro weiter funktionieren kann. Finanziell großzügig zu sein. Zu akzeptieren, dass andere anders arbeiten und andere Prioritäten setzen. Konflikte anzusprechen und zu klären, ohne Öl ins Feuer zu gießen. Die persönlichen Macken eines/r jeden zu ertragen. Insgesamt also: Sich zurückzunehmen, aber auch zu erkennen, wann man initiativ werden und das Büro gestalten muss.
Die Belohnung für all diese Mühen ist groß. Da ist die banale Freude, dass die Büromaterialien im Schrank wie von Geisterhand wieder aufgestockt wurden. Oder dass sich jemand die Mühe gemacht hat, für alle KollegInnen herauszufinden, wie mit einer neuen bürokratischen Schikane beim WDR umzugehen ist. Oder dass die Kollegen in Zeiten von Beziehungsstress, Krankheit oder Kinderkriegen geduldig zuhören und ihr Möglichstes tun, um die Geplagten zu unterstützen. Oder die Albernheiten beim Kaffeetrinken, für die sich keiner geniert.
Eine Freude ist es auch, die Ideen der anderen und ihre Kreativität zu erleben. So erschließen sich Lebensbereiche oder auch Länder, von denen man nichts wüsste, gäbe es nicht eine KollegIn, die sich engagiert damit beschäftigt. Schön ist zudem, dass viele sinnvolle Aktionen vom Büro ausgehen und dass es eine Anlaufstelle für Gruppen und Initiativen ist.
Und da alle Manuskripte von Kollegen redigiert werden, verbessert sich nicht zuletzt auch die Qualität der eigenen Arbeit verbessert.
Kurz und gut: Die Arbeit in einem Kollektiv ist keineswegs altmodisch, wie manch Außenstehender vermutet. Sie ist zwar manchmal mühsam, aber ausgesprochen bereichernd. Und ist es nicht noch viel mühsamer, in einem traditionellen Arbeitsverhältnis zu stecken und die Launen des Chefs zu ertragen? Wie oft bin ich über den Flur eines Funkhauses gegangen und habe das Gejammer der Kollegen gehört: »Hier bin ich nichts mehr wert, hier mache ich nur noch Dienst nach Vorschrift.« Diese Krankheit gibt es in einem selbstbestimmten Kollektiv nicht. Da gibt es zwar immer wieder den Kampf um die Finanzen. Aber gleichzeitig besteht die Gewissheit: Ich bin nicht Objekt, ich bin Subjekt meines Handelns.

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Zum Beispiel Adnan Kirkelli
Rolf Winkel (1983 bis 1987 im RJB)

Adnan Kirkelli. Vor vier Jahren hat er sich noch einmal gemeldet – aus Balikesir, Türkei. Kennen gelernt habe ich ihn vor 18 Jahren, kurz nachdem auf einer Redaktionssitzung des RJB der Buchtitel Neue Armut geboren wurde, der später in der Bundesrepublik zu einer Art Symbol gegen die Demontage der Arbeitslosenversicherung wurde. Der damals arbeitslose Türke war im Herbst 1984 akut von Ausweisung bedroht, weil das Kölner Arbeitsamt ihm etliche Jahre lang statt einer für den ganzen Arbeitsmarkt gültigen Arbeitserlaubnis jeweils nur eine betriebsbezogene Arbeitserlaubnis für Ford Köln ausgestellt hatte. Diese Arbeitsgenehmigung war mit seiner Entlassung erloschen. Ergo stand er dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung und bekam keine Arbeitslosenhilfe. Das RJB setzte sich damals – wie auch in weiteren Fällen – in Briefen u.a. an den Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit und den Bundesarbeitsminister für den Arbeitsmigranten ein. Ergebnis des (aufwändigen) Einsatzes war jeweils: Die Arbeitsämter räumten ein, dass sie ihre Beratungspflicht verletzt hatten. Nachträglich wurde den Betroffenen eine Arbeitserlaubnis für den gesamten Arbeitsmarkt erteilt und Arbeitslosenhilfe bewilligt. Zudem wurde damals auch die Arbeitserlaubnisverordnung nachgebessert. RJB-Aktivitäten haben dazu beigetragen…
(Rolf Winkel arbeitete nach seinem Ausstieg aus dem RJB u.a. für den DGB-Bundesvorstand, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen und das Kölner Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik. Zu seinen Veröffentlichungen zählen ein Ratgeber Betreutes Wohnen, eine Untersuchung zur Ausbildungssituation ausländischer Jugendlicher und 111 Tipps zu Sozialleistungen. Gemeinsam mit Hans Nakielski bearbeitet er fortlaufend das Buch 111 Tipps für Arbeitslose, das mittlerweile in einer Gesamtauflage von rund 700.000 Exemplaren erschienen ist. Gemeinsam mit Hans Nakielski arbeitet er 2009 in einem von den beiden RJB-Ehemaligen gegründeten neuen Medienbüro.)

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Wie der Fortschritt, die alte Schnecke, doch noch ins Rheinische Journalistenbüro kam
Werner Balsen (1982 bis 1993 im RJB)

Von New Economy sprach noch niemand. Aber das Phänomen der späten 90er Jahre warf schon Mitte der 80er seine Schatten voraus: Die ersten Journalistenbüros in Köln investierten in Schreibcomputer. Offenbar mit Erfolg. Denn jene Kollegen, die bereits mit den revolutionären Techniken umgingen, waren voll des Lobes: »Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich mal ohne PC (Personalcomputer) gearbeitet habe«, war ein oft gehörter Spruch im Kollegenkreis.
Auch an den Revolutionären des Rheinischen Journalistenbüros (RJB) ging die Entwicklung nicht vorbei. Will sagen: Sie wurde dort wahrgenommen – und kritisiert.
»Wenn ich das schon höre«, moserte einer, »dieses ›Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich mal ohne PC gearbeitet habe‹. Was sind das nur für Kollegen?« Mehr musste er nicht sagen, denn jeder am Konferenztisch in der Spichernstraße wusste, was er meinte. Wurden nicht gerade Tausende von Setzern und Metteuren in den Druck- und Verlagshäusern arbeitslos durch die neue Technik? Und warnten nicht die – ideologisch stets geradlinigen – Kollegen an der Spitze der IG Druck vor dem Teufelszeug? Las man in den anderen Büros nicht einmal die Gewerkschaftszeitung? Das Minimum an notwendiger Solidarität bestand doch wohl darin, die neue Technik zu meiden!
Unter allgemeinem Kopfschütteln ging man über zum nächsten Tagesordnungspunkt: Es mussten neue Klebestifte bestellt werden. Und die Überweisung an das Büro Fromme war fällig. Dort, vier, fünf Blocks entfernt, stand das Faxgerät des RJB. Den Nutzen des Faxens hatten die Rheinischen Journalisten damals bereits erkannt. Was aber nicht heißt, dass sie sich ein eigenes Fax zugelegt hätten. Das Gerät, das sie nutzten, besaß der Kollege Fromme in der Genter Straße. Der lange Weg dorthin galt als nicht so schlimm – ließen sich die zahlreichen Gänge doch mit mancherlei Besorgungen verbinden. Man konnte unterwegs etwa die bestellten Klebestifte abholen. Davon wurden viele gebraucht, weil ständig aus langen Texten kurze für die Weiterverwertung geschnippelt werden mussten.
Allerdings – so ideologisch gefestigt die RJB-Mitglieder in der Computerfrage am Konferenztisch auch waren – es ließ sich nicht vermeiden, dass einzelne – alleine und ohne den festen seelischen Halt des Kollektivs – anfällig wurden für Zersetzung. »Ihr seid doch auch auf Mehrfachverwertung der Texte angewiesen«, sagte etwa Achim, einer jener »Was-sind-das-nur-für-Kollegen«. Da hatte er Recht. Entsprechend nachdenklich machte seine Demonstration, wie er, haste was kannste, aus seinem 3’50-Text für »Thema Heute« einen 2’30er für den Südwestfunk machte. Ohne Schere! Ohne Klebestift! Blitzschnell! Klasse!
Am Konferenztisch zählte das nicht. Dort wurde Eduardo Galeano beschworen. Hatte der verehrte Schriftsteller aus Uruguay auf dem Mittelamerika-Kongress in Münster nicht gerade erst erläutert, dass er Computer ablehne, weil man sich »beim Schreiben die Hände schmutzig machen« müsse? Die Sache mit Galeanos »schmutzigen Händen« wurde oft und gerne zitiert, wenn über Computer und Solidarität, über Fortschritt und Maschinenstürmerei debattiert wurde. Und das war viele Jahre lang der Fall, denn der PC – bei anderen längst Handwerkszeug – blieb im RJB im Status des Diskussionsgegenstands.
Offiziell. Denn inoffiziell bewegte sich doch etwas: Immer häufiger nahmen einzelne Kollektivmitglieder Schreibarbeit mit nach Hause. Es waren jene, deren Partnerinnen und Partner die Solidarität mit den Kollegen Setzern und Metteuren weniger erhitzte – und die deshalb längst Computer und Drucker daheim hatten. So brachten diese Rheinischen Schlitzohren den Fortschritt, der ja bekanntlich eine Schnecke ist, schließlich doch noch in die Merowingerstraße, wo das Kollektiv mittlerweile seinen Sitz hatte. Und es dauerte nicht lange, bis auch dort der Satz fiel: »Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich mal ohne PC gearbeitet habe.«
(Werner Balsen arbeitete nach seinem Ausstieg aus dem RJB zunächst weiter freiberuflich, bis er 1995 eine feste Stelle in der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Rundschau übernahm. 2009 arbeitet er als Korrespondent der Zeitung in Brüssel.)

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EinjÄhriges
Rainer Werning (2002)

Mit zunehmendem Alter neigen Menschen dazu, störrisch wie Esel, lernresistent wie Hirten im Vatikan oder griesgrämig wie Politiker vom Schlage eines Herbert Wehner zu werden. Schlimmstenfalls sind sie mit sämtlichen Makeln behaftet.
Dann gibt es ältere Menschen, denen ich mich zurechne, die Einschnitte lieben, gern Neues testen und sich durchaus auf Unwägbarkeiten einlassen. Eine solche Zäsur bot vor einem Jahr das Angebot, dem RJB beizutreten.
Zwölf Monate später weiß ich, zwei der sympathischsten Fehler in meinem Leben begangen zu haben. Erstens: den der unterschätzten Knochenarbeit, vielfältige Themen zu beackern und diese zur rechten Zeit eintöniger werdenden Funkanstalten mit ihren schrumpfenden Wortbeiträgen zu verkaufen. Als »südostasiatischer Freier« wäre man auf Dauer aufgeschmissen, falls nicht gerade Abu-Sayyaf-Finsterlinge deutsche Geiseln nehmen oder andere Schurken in der Region weiße Langnasen bombardieren. Zweitens: RJB ist ein zehnsilbiges Wort, dessen beiden letzten Silben Disziplin suggerieren. Gäbe es ein Cyber-Office, das ermöglichte, von einem südostasiatischen Knoblauchfeld aus zu kommunizieren und gleichzeitig Tantiemen einzuspielen – gern machte ich meine Fehler rückgängig.
Ergo: Trüge ich ihn, zöge ich ihn – den Hut. Voller Bewunderung für die fünfköpfige RJB-Crew in der Kölner Südstadt, die mindestens zwei weitere Jahrzehnte gegen den Stachel löcken, würdevoll leben und im faden Media-Mainstream weiterhin ihre ureigenen Duftnoten setzen möge.

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